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#1 [de] 

Als ich gestern ein wenig hier und da herumschwirrte und dann ein wenig am dort lauschte und ein wenig am hier versuchte herauszufinden, fiel mein Blick auf einen Brief …



Deles Silam,

meine Name ist Stevano und das ist meine Geschichte. Ich bin 20 Jahre alt und lebe in Davae. Mein Vater ist in der hiesigen Politik tätig und betreibt den einzigen Lebensmittelhandel im Dorf. Kleinadelige nennt man uns in der Hauptstadt, oder auch Landadel. Wir haben ein kleines Gut, das wir bewirtschaften. Aber im Gegensatz zum Hochadel, der am Hofe von unserer Majestät König Yrkanis verkehrt, sind wir nicht reich. Es reicht zum Leben. Hier in Davae ist unsere Familie recht angesehen. Ich selber habe die Landwirtschaft studiert und soll irgendwann den Handel und das Gut von meinem Vater übernehmen.

Ich heiße genauso wie der Sohn des Königs. Stevano. Das ist mein Name. Ich hab ihn aber nie getroffen, den anderen Stevano meine ich. Wie ich hörte, soll er heiraten. Aber er darf sich nicht einfach ein Mädchen auswählen. Es gibt richtige Bewerberinnen. Das ist seltsam finde ich.

Ich hörte auch, dass er recht arrogant und unbeherrscht sein soll. Das ist nicht gut. Aber vielleicht wächst sich das ja noch aus. Als ich mit vierzehn Sommersprossen hatte, meinte meine Mutter auch das wächst sich noch raus.

Wißt Ihr, es gibt da ein Mädchen. Wir wollten heiraten. Ich hab sie mir ausgesucht, sie hat sich nicht um mich beworben. Mein Herz! Sie ist so wunderschön! Sie hat blonde Haare und winzige Sommersprossen auf der Nase. Und wenn sie lacht, dann verblasst die Welt um sie herum. Ich liebe sie mehr als mein Leben. Gestern wäre unsere Hochzeit gewesen! Aber es ist etwas passiert. Ein Söldner hat sie verführt. Sie ist doch erst siebzehn. Da kann sowas passieren. Er hat ihr erzählt, wie sehr er sie lieben würde. Scheinbar reichte ihr meine Liebe nicht. Sie sagte, er wäre besser im Bett. Aber kann sie denn wirklich vergleichen? Wir wollten doch warten. Gestern wäre unser großer Tag gewesen.

Ich war so todunglücklich, ich konnte gar nicht aufhören zu weinen. Stundenlang saß ich auf dem Hügel in Davae und beobachtete die Yubos. Dann kam eine Landpartie, zumindest nahm ich an, es wäre eine. Ich habe gar nicht so schnell begreifen können, was vor sich ging. Sie haben mich ausgefragt. Ich glaube, es ging um eine der Bewerberinnen für diesen anderen Stevano. Wenn ich es mir recht überlege, war sie recht hübsch. Aber nicht so hübsch wie mein Mädchen natürlich. Sie wollten mich gar nicht in Ruhe lassen und stellten so viele Fragen. Einige versuchten mich auch zu trösten.

Später dann kam einer der hohen Herren zurück. Ich war gerade soweit, dass ich dachte mein Herz wäre meiner Liebe nicht wert, da erzählte er mir, dass sie von diesem Söldner nur benutzt wurde und meine Chancen wieder höher wären. Ich wies den Gedanken weit von mir, gleichwohl machte mein Herz einen Sprung. Aber als ich dann den Ring in meiner Hand sah und mich erinnerte, wie sie ihn mir vor die Füße geworfen hat. Ich weiß nicht was ich tun soll. Meine Mutter sagte, es gibt noch viele hübsche Mädchen in den Anhöhen, ich soll mich nicht um eine kümmern. Aber sie mochte mein Herz noch nie so wirklich. Wahrscheinlich weil sie nicht so gut kochen kann. Aber das kann man ja lernen.

Aber jetzt weiß ich immer noch nicht was ich tun soll? Ich wünschte jemand würde mir einen Rat geben. So wie der hohe Herr gestern. Der war sehr nett. …

Last edited by Geist von Atys(leanon) (1 decade ago)

#2 [de] 

Lieber Stevano,

ich kann mich gut an euch erinnern, schließlich reichte ich euch einen Shookischnaps zur Linderung der ersten Trauer, ich hoffe er hat wenigstens ein wenig geholfen.
Trauert doch dem Mädchen nicht nach, wenn Sie euch den Ring vor die Füße wirft ist sie es einfach nicht wert. Sicher die Trauer ist groß, aber sie wird verblassen und es werden neue Frauen kommen!

Wenn ihr jemanden braucht um über den Schmerz zu reden, dann können wir uns auch gerne treffen, ich würde auch wieder einen Schnaps mitnehmen. Sicher, das ist keine Lösung aber zumindest am Anfang hilft es doch ein wenig vor allem zusammen mit einem guten Gespräch!

Falls Ihr es jedoch bevorzugt mit dem Söldner einmal ein ernstes Wort zu "reden" würde ich euch sehr gerne begleiten.
Da wäre aber mein Rat auch erst einmal etwas abzuwarten um ein wenig den ersten Schmerz zu lindern. Wenn Ihr dann immer noch mit Ihm "reden" wollt, dann schickt mir einfach eine Nachricht.

Arrlon

#3 [de] 

Deles Silam, geschätzter Stevano,

als ich mich danach erkundigen wollte, wie es wohl dem verliebten Jüngling in Davae ergangen sein mag, dessen Hinweis uns auf unserer Suche so dienlich war, stieß ich auf Euren Brief, und obwohl ich noch immer Schmerz daraus herauslese, erkenne ich doch auch, dass der Schleier der Blindheit, der gar zu oft den Blick des Liebenden verhüllt, zumindest an den Rändern ein wenig angelupft ward und Licht hineinfällt in das Dunkel, in das man sich zurückzieht, wenn das Herz leidet.

Es gibt keinen Ratschlag in Herzensdingen, Stevano. Jeder Homin ist anders, denkt anders, fühlt anders, und auch wenn ein jeder eines Tages sein Herz verschenkt und sich dabei der höchsten aller Gefahren ausliefert - dass es gebrochen wird - so sind doch jedes Mal die Umstände anders. Liebe springt uns an, wie ein wildes Tier, und wir können nicht mehr tun, als vor ihr unsere Waffen zu strecken. Glücklich jedoch kann man nicht werden, wenn man selbst liebt und der oder die Angebetete erwidert die Liebe nicht. Wenn Deine Angebetete Dich nur deshalb verlassen hat, weil ihr Söldner ihr rauhes Vergnügen bereitete, dann fehlt es ihr an der rechten Zuneigung zu Dir, die so viel mehr ist als verschwitzte Kurzweil in einem Bett, einem Zelt oder einem Heuhaufen. Ihr Auftritt, als sie den Ring vor Dir zu Boden warf, impliziert eine Kälte des Herzens, die Dir nicht die Wärme geben kann, die Du - die jeder Homin braucht, um seine eigene Glut nicht verlöschen zu lassen und die gleichzeitig verhindert, dass wir uns selbst verzehren.

Wichtig ist, dass Du die Hoffnung nicht verlierst, Dein Glück zu finden. Jeder Topf findet seinen Deckel, heißt es, jemanden, der einem das Gefühl gibt, plötzlich "ganz" zu sein, obwohl man sich vorher gar nicht bewußt gewesen ist, dass man nicht vollständig war. Wichtig ist auch, die Augen nicht zu verschließen vor der Schönheit, die uns alle umgibt, damit man nicht den Augenblick verpaßt, in dem ein anderer Blick den eigenen spiegelt. Liebende finden sich, Stevano, an den unwahrscheinlichsten Plätzen und zu den ungewöhnlichsten Zeiten; aber selten, wenn man damit rechnet.

Kopf hoch, mein Freund! Jena wacht über Dich, und sie wird Dir dein Glück nicht verwehren! Aber Du selbst bist es, der die kostbare Sekunde nicht verpassen darf und nach ihr greifen muß, wenn sie gekommen ist. Jena zeigt uns den Weg, aber sie führt nicht unsere Hand.

Viel Glück und Jenas Segen wünscht Dir

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Salazar Caradini
Filira Matia
Royal Historian
Member of the Royal Academy of Yrkanis
First Seraph of the Order of the Argo Navis

#4 [de] 

Daomei liest die Rindenstücke und denkt lange nach. Dann heftet sie eine Notiz an das Brett.

Lieber Stevano,

Gestatte mir als einer einfachen Abenteurerin vom Volk der Tryker ein paar Worte. Ich lese all die Ratschläge und kann nur in einem mit vollem Herzen zustimmen: So weh es tut, lasst Euch nicht zu Boden werfen. Ihr steht am Anfang Eures Lebens, Ihr könnt - was ist schon Abkunft - womöglich Wichtiges für Euer Volk und alle Homins der freien Völker bewirken oder dazu einen Beitrag leisten. Steht zu Euch selbst und Eurem eigenen Wert, auch wenn Ihr Schmerz erleidet. Ich sage Euch das als eine, die in viel jüngeren Jahren grossen Schmerz erleiden musste. Ihr habt noch Eure Eltern, Eure Familie, wisset das zu schätzen.

Ich möchte die Dame, die Euer Herz gebrochen hat, nicht entschuldigen, Ihr Verhalten erscheint mir leichtfertig und herzlos. Doch müsste ich lügen, wenn ich behauptete, nicht verstehen zu können, was möglicherweise in ihr vorgegangen ist. Ich hatte, als ich sehr jung war, auch einmal einen Verehrer, den ich eigentlich sehr nett fand. Aber der wollte gleich von mir, dass wir auf ewig zusammen sein sollen, und dass ich viele Kinder bekomme.

Für ihn war das das Tollste auf der Welt, für mich eine Gruselvorstellung. Ich war damals 13 Jahre alt, hatte noch nichts gesehen als unseren abgelegenen Abschnitt der Urwurzeln mit ein paar strohdummen Kinchern, die wir mit Vergnügen anlockten und in den Abgrund stürzen liessen, ein paar noch dümmeren Tyranchas und wenigen halbwegs intelligenten Varinxen, die wir schon etwas fürchteten (diese "Spielereien" waren uns natürlich streng untersagt). Ich hatte aber schon gelesen von den alten Landen, von Trykoth, Karavia, vom Exil und vom Wiederaufbau. Ich wollte das alles sehen, Matia, den Dschungel, Aeden Aequeous und die neue Heimat der Fyros, die Brennende Wüste. Und der schmachtende Junge wollte mich in eine Hütte einsperren, damit ich Nachwuchs erzeuge? Hilfe!

Ich fürchte, ich hab ihm auch das Herz gebrochen. Meine Schwester Diwu sagt sowieso mitunter, ich sei eine Schlampe. Ich denke, sie bekommt vor mir Kinder. Ich mag Kinder, aber ich kann nicht über und unter die Rinde laufen, kämpfen, töten, kundschaften, und obendrein Kinder aufziehen, das ist nicht gut für die. Und auch nicht für mich. Und den Mann, für den ich mein Leben als freie Kundschafterin aufgebe oder auch nur ändere, habe ich noch nicht getroffen. Vielleicht besser für ihn.

Sprecht mit der jungen Frau, die Ihr so mögt. Vielleicht ist sie einem Irrtum erlegen, hat sich blenden und überwältigen lassen. Ihr sagt zu Recht, dass sie sehr jung ist. Versucht herauszufinden, was Ihr beide Euch bedeutet. Es ist wichtig, auch verzeihen zu können. Sie sollte aber auch einsehen, dass sie Euch sehr wehgetan hat. Mit Herzensdingen spielt man nicht. Ich weiss, wie schwer es ist, jemandem, der einen gern hat, ins Gesicht zu sagen, dass es nicht geht, man fühlt sich sehr schlecht dabei. Aber seid lieber bereit für eine ehrliche, aber grausame Antwort als für eine gnädige Lüge. Das geht in beide Richtungen: Seid auch bereit für die Erkenntnis, dass die junge Dame Eurer Gefühle vielleicht nicht wert ist.

Ich wünsche Euch beiden alles Gute.

Daomei Lin Carthan - Kundschafterin der vier Länder der freien Homins

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Daomei die Streunerin - religionsneutral, zivilisationsneutral, gildenneutral
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